Naturkontakte – Pilzfotografie im Ruhrgebiet
Der Herbst ist allgemein die Zeit, wo die Ernte des Jahres eingefahren ist und sich die Natur in unseren Breitengraden auf den Winter vorbereitet. Die Bäume verfärben sich und es beginnt für den Wald, neben dem frischen Frühlingsgrün, die eigentlich schönste Zeit. Bunte Blätter in den verschiedensten Grün-, Gelb-, Orange- und Rottönen verzaubern und machen Waldspaziergänge zu der Zeit besonders attraktiv. Das menschliche Auge hat was zu schauen. Doch nicht nur das Auge als Sinnesorgan wird gefordert, sondern auch die Nase. Herbstzeit ist auch Pilzzeit und das riecht man mitunter recht deutlich. Für Naturfotografen beginnt eine spannende Zeit, sich auf die Pirsch nach Pilzen zu begeben. Dabei kann es gerade zu Beginn der Pilzsaison sein, dass man auch ohne ein Foto wieder heimkehrt, da noch keines dieser fotogenen Geschöpfe gesprießt ist. Aber der Misserfolg gehört zur Jagd schließlich dazu.
Das Jahr 2024 war ja insgesamt für den Westen Deutschlands eigentlich ein recht feuchtes Jahr und so sollten die Pilze in diesem Herbst in ausreichender Zahl vorhanden sein. Zu den fotogensten Exemplaren zählen für mich die Buchenschleimrüblinge. Sie wachsen, dem Namen nach, nur auf und an Buchenholz. Sie sind auf Totholz von Buchen zu finden, aber auch an noch austreibenden Buchen kann man sie beobachten. Vom Stadium als kleiner Pilz über die klassische Hutform bis hin zum Aufkrempeln und Aufwölben des Lamellenpilzes kann man alle Stadien unmittelbar nebeneinander vorfinden. Der Pilz begeistert mich vor allem durch seine porzellanartige Erscheinung und gerade von unten fotografiert macht er richtig Spaß. Wer Glück hat, findet unter dem Hut auch zahlreiche sog. Guttationstropfen. Diese bestehen zum Großteil aus Wasser, welches der Pilz absondert, um dadurch seine Nährstoffversorung in Gang zu halten. Übrigens besiedelt dieser Pilz kein frisches Buchenholz. Wenn z.B. ein großer Buchenast abbricht oder gar eine Buche umfällt, wird diese nicht sofort im darauffolgenden Herbst vom Buchenschleimrübling besiedelt. Ein oder zwei Jahre können da schon vergehen, bevor der Stamm dann über zwei, maximal drei Jahre vom Buchenschleimrübling als Habitat auserkoren wird. Irgendwann ist der Stamm dann aber „ausgelutscht“, wird faserig und das Holz beginnt deutlich zu vermodern. An Totholz fehlt es ja meistens nicht und so ist man sich nie gewiss, wo man in jedem Herbst schöne Exemplare zum Fotografieren finden kann.
Natürlich ist ein Wald mit hohem Buchenbestand die sicherste Wahl bei bei der Suche. Doch was hat der Wald jetzt eigentlich mit dem Wilden Ruhrgebiet, verlassenen Industriearealen, Halden des Steinkohleabbaus etc. zu tun. Naja, der Wald direkt hat damit nichts zu tun, aber es haben sich, trotz der 150jährigen Industriegeschichte, der Zersiedlung der Landschaft und des Nutzungsdrucks durch die Menschen, auch mitten im Ruhrgebiet kleinere bis größere Wälder erhalten. Ein solcher Wald ist z.B. in Oberhausen der sogenannte Sterkrader Wald (auch Dunkelschlag), der zwischen OB-Sterkrade und den nördlichen Stadtteilen Königshardt und Schmachtendorf eine Fläche von 204ha einnimmt, wovon 81ha unter Naturschutz stehen. Mächtige Altholzbestände aus Buchen sind hier zu finden und der Handbach bildet hier ein kleines Tal im Übergang von der Haupt- zur Niederterrasse aus. Drumherum und im Wald boxt manchmal sprichwörtlich der Papst im Kettenhemd, denn mitten im Wald liegt das Autobahnkreuz Oberhausen, die A2 in Richtung Hannover beginnt hier und die A3 von Köln biegt hier nach Arnheim ab. Die A516 führt dann in Richtung Süden stadteinwärts nach Oberhausen. Lange Staus sind hier oft an der Tagesordnung und so soll das Autobahnkreuz ausgebaut werden. Auf der einen Seite verständlich, auf der anderen Seite sehr schade, denn davon wären auch einige schöne Buchenbestände betroffen.
Zur Fotografie der Buchenschleimrüblinge empfiehlt sich übrigens auch mal eine Taschenlampe, mit der man den Hut gut durchleuchten kann. Die z.T. stattlichen Pilze werden dadurch zu „Eurer Durchleucht“. Da die Hüte recht groß sein können, macht es unter Umständen auch Sinn die Pilze zu stacken, d.h. mehrere Aufnahmen mit recht offener Blende und verändertem Autofokus zu verrechnen. So gelingt es, dass man im Hintergrund bei Lichteinfall immer noch ansehnliche schöne Flares bekommt.
Glück Auf
© Wildes Ruhrgebiet – Guido Alfes